Kunstszene

Kunst in der Natur: Blickachsen

Die dreizehnte Skulpturenbiennale Blickachsen in Bad Homburg

Bereits zum dreizehnten Mal findet in diesen Sommer von Mai bis Oktober die Skulpturenbiennale Blickachsen in Bad Homburg statt. Bei den Blickachsen handelt es sich um eine, bereits 1997 von der Galerie Scheffel initiierte Ausstellungsreihe, die alle zwei Jahre aktuelle, zeitgenössische Skulpturen und Installationen im Dialog mit der Natur präsentiert.

United Enemies von Thomas Schütte

Dieses Jahr sind in den historischen Parkanlagen des Kurparks und im Schlosspark von Bad Homburg insgesamt 32 Skulpturen von 23 internationalen Künstlern zu sehen, die zeigen, wie vielfältig Skulptur zu Beginn des 21. Jahrhunderts sein kann. Sie werden ergänzt um zwei Positionen des späten 20. Jahrhunderts von Norbert Kricke (Große Kurve 2, 1980) und Erwin Herrich (Ohne Titel, 1990).

Die Vielfältigkeit der künstlerischen Ausdrucksformen in der Skulptur spiegelt sich bei der Blickachsen-Ausstellung auch in der Vielfalt der verwendeten Materialien wider. Neben den klassischen Materialen der Bildhauerei (Ton, Terrakotta, Gips, Stein, Holz oder Bronze) trifft man auch auf durchaus unerwartete Materialien wie Textilien, Garn, Folien, Klebeband, Siebdruck auf Plexiglas, Autorücklichter oder Leitplanken von Autobahnen (Abbildung Bettina Pousttchi. Vertical Highways A20 und A23, 2021).

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass es bei den verwendeten Materialien in der zeitgenössischen Skulptur keine Begrenzungen oder Tabus gibt. Allerdings darf man bei Skulpturen im Freien eine gewisse Unempfindlichkeit des Materials gegenüber Witterungseinflüssen erwarten.

Umso überraschter ist man, nähert man sich der Skulptur Heimatloser Monolith (2023) von Sabine Groß. Die Arbeit erscheint auf den ersten Blick wie ein sorgfältig aufgetürmter Stapel von Pappen und Verpackungsmaterial, das unachtsame Parkbesucher hinterlassen haben und das nun als Mahnmal der Verschmutzung des öffentlichen Raums einsam auf der Wiese steht. Erst bei näherer Betrachtung erkennt man, dass der Monolith aus bemaltem Gips besteht, dessen Oberfläche sehr genau die Struktur von Pappe imitiert, um geschickt mit der Wahrnehmung des Besuchers zu spielen und ihn in die Irre zu führen.

Geradezu poetisch mutet die aus zehn Elementen bestehende Installation Physalis (1998-2000) des Japaners Katsuhito Nishikawa an. Scheinbar in einer zufälligen Konstellation vom Wind auf die Wiese getrieben, negieren die zehn Physalisfrüchte mit ihrer Leichtigkeit die Schwere des Materials, aus dem sie hergestellt wurden. Nishikawa künstliche Pflanzen sind aus strengen, geometrischen Elementen zusammengefügt und gegossen aus industriellem Beton.

Auch Pedro Cabrita Reis aus Portugal ist ein Künstler, der vielfach mit modernen Baumaterialien, Leuchtstoffröhren und Aluminiumrohren arbeitet. Seine Installation Blossom von 2023, konstruiert aus zahllosen, miteinander verbundenen Vierkantrohren, scheint zunächst keinem erkennbaren Ordnungsprinzip zu folgen und erinnert zugleich an einen genetischen Code, der die umgebende Natur reflektiert. Ein schönes Beispiel dafür, was den besonderen Reiz der Blickachsen ausmacht - das Zusammenspiel zeitgenössischer Kunst mit der gewachsenen Natur des historischen Kurparks und des Schlossparks.

Glänzende und polierte Kunststoff- und Aluminiumbrocken in einem anderen Teil der Parkanlage - ins Gras gefallen wie Meteoriteneinschläge aus einer anderen Welt. Es handelt sich dabei um zwei Trashstones (2017 und 2020) von Wilhelm Mundt. Der Kern dieser Trashstones besteht im Wesentlichen aus Überresten und Produktionsabfällen aus dem Atelier des Künstlers. Mundt verpackt diese Abfälle in seinen Arbeiten zu amorphen Gebilden mit unterschiedlichen Oberflächen und transformiert den Abfall zugleich in etwas Neues - so gesehen vielleicht die nachhaltigsten Skulpturen diese Ausstellung.

Last, but not least seien noch die Bronzeskulpturen von Thomas Schütte bei der diesjährigen Skulpturenbiennale erwähnt, die sowohl durch ihre Höhe von vier Metern als auch durch ihre unglaubliche Dynamik beeindrucken. Die beiden Figurengruppen der United Enemies (2011) verwandeln die Wiese in eine Arena, in der jeweils zwei aneinander geschnürte und verknotete Figuren miteinander ringen. Mit wutverzerrten Gesichtern versuchen sie das Gleichgewicht zu halten und gleichzeitig voneinander loszukommen. Umsonst, die festen Fesseln halten sie zusammen. Sie sind unfähig sich zu trennen, unfähig allein zu stehen oder zu gehen. Und dieser Zustand wird Bestand haben, bis die Einsicht sie zur Versöhnung bringen wird.

Viele weiter Entdeckungen warten auf diejenigen, die sich aufmachen zu einem Spaziergang, um die Kunstwerke der Blickachsen 13 und die Natur der historischen Parkanlagen in Bad Homburg zu erkunden. Die Ausstellung Blickachsen 13 ist noch bis 01. Oktober 2023 im Kurpark und im Schlosspark von Bad Homburg zu sehen.

 

Eure Ariane


 

 

 

 

 

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