Kunstszene

ARTIMA trifft: Anja Luithle und ihre bewegende und bewegte Kunst

Sechs Fragen an Anja Luithle

ARTIMA liegt die Förderung von Kunst am Herzen. Jedes Jahr wählt das Team einen Künstler bzw. eine Künstlerin aus, der die eigene Kunst am ARTIMA-Messestand auf der art KARSLRUHE präsentiert. 2016 entschieden wir uns für das mit einer fallenden Mechanik versehende Ölgemälde "China moves" der Künstlerin Anja Luithle aus Wendlingen a. N. , das nach einer angedeuteten Fallbewegung wieder in die aufrechte Position gezogen wird.

Ein weiteres Beispiel mit programmierter Steuerung. "Casting Shoes". Foto: Bernhard Widmann (© VG Bild-Kunst, Bonn 2018)

ARTIMA liegt die Förderung von Kunst am Herzen. Jedes Jahr wählt das Team einen Künstler bzw. eine Künstlerin aus, der die eigene Kunst am ARTIMA-Messestand auf der art KARSLRUHE präsentiert. 2016 entschieden wir uns für das mit einer fallenden Mechanik versehende Ölgemälde "China moves" der Künstlerin Anja Luithle aus Wendlingen a. N. , das nach einer angedeuteten Fallbewegung wieder in die aufrechte Position gezogen wird.

Im Laufe der art Karlsruhe haben wir ganz verschiedene Reaktionen auf unsere irritierende Standbegleitung erhalten: Viele erschraken, es gab einen Hechtsprung, um das Bild auffangen zu wollen und einen informierenden Anruf abends nach der Messe, unser Bild hinge "schief an der Wand".

Natürlich gab es auch eine leicht empörte Reaktion eines Menschen, dessen Bild tatsächlich einmal ungewollt von der Wand gefallen war. Die Erinnerung daran möchte man gern auslöschen, das verstehen wir sehr gut. Der Großteil der Reaktionen war jedoch positiv.

Heute hängt "China moves" in unserem Direktionsgebäude in Mannheim und begrüßt unsere Mitarbeiter und Besucher im Eingangsbereich. Foto: Mannheimer Versicherung AG

 

Wir haben Anja Luithle sechs Fragen zu ihrer Kunst gestellt, die sie uns hier beantwortet hat:

Weshalb bewegt/dreht sich Ihre Kunst und verfolgt teilweise den Betrachter bzw. welche Technik
steckt dahinter?

Die Freude an der Überraschung, am Widersprüchlichen und Gegensätzlichem sowie das Interesse an der kommunikativen Ebene sind die Basis und der Ausgangspunkt meiner Arbeiten. Die Technik lasse ich mittlerweile von Profis umsetzen. Das gewährleistet einen reibungslosen Ablauf sowie Wartungen, die bei mechanischen Teilen nötig sind. Es handelt sich zum Teil um komplizierte computergesteuerte mechanische Apparaturen.


Wie kamen Sie auf die Idee, Ihre Kunstobjekte mit einer Mechanik zu kombinieren?
Da es sich häufig um materielle Objekte handelt, Kleider, Schuhe, Handtaschen, die sich mechanisch bewegen, wird die ästhetische Wahrnehmung durch eine andere, emotional aufgeladene Wahrnehmungsweise verdrängt: durch die nachahmende Wahrnehmung des lebendigen, sich bewegenden Körpers. Diese fast zwingende, intensive Wahrnehmungsweise versteht das Objekt als Spiegel zum eigenen Körper und nimmt es so als Hülle oder materiellen Träger eines lebendigen Subjekts wahr.
Mit anderen Worten: ich wollte den Betrachter direkt und unmittelbar gefühlsmäßig ansprechen indem ich ihn mit einem „verlebendigten" Gegenüber konfrontiere.

Welche Reaktionen vernehmen Sie auf Ihre sich bewegenden Objekte?
Alle meine Figuren sind Hüllen ohne Körper. Dies geht von einer wesentlichen These der Kunst aus: der These von der gesteigerten Anwesenheit durch Abwesenheit. Das bezeichnet die Spannung zwischen einem sichtbaren Äußeren und dem nicht sichtbaren, umso mehr zu spürenden und zugleich rätselhaften Inneren.
Da sich durch die leeren, teils sich bewegenden Kleiderhüllen die Möglichkeit ergibt, sich in die Fehlstelle hineinzudenken, erlebe ich oft außerordentlich emotionale Reaktionen auf meine Arbeiten.

Sind dies Reaktionen, die sie bewusst hervorrufen möchten?
Reaktionen, zumal spontane, kann man nicht erzwingen, insofern denke ich sie mir nicht vorher aus, aber wenn sie kommen finde ich das gut, denn es liegt mir viel daran, Menschen direkt zu erreichen.

Weiblichkeit und die Farbe „rot“ erscheinen in Ihrer Kunst immer wieder recht dominant. Weshalb?
Das rote Kleid, das häufig wiederkehrt in meiner Arbeit, steht für die weibliche Existenz, für den imaginären weiblichen Körper, den es umformt.
Rot ist eine Signalfarbe: im Zusammenhang mit dem weiblichen Körper assoziieren wir Erotik, Aufmerksamkeit, die durch diesen Farbreiz erhöht und intensiviert wird.
Rot steht für Liebe in allen Facetten, aber auch für Blut, für Leiden - in der Kombination spricht man auch von Passion. Aber Rot ist auch eine Farbe, die sich in dem Kontext der Natur selbstsicher zu behaupten weiß, als Komplementärfarbe zum Grün und Blau bis Grau in der Außenwelt.

Sind Sie insgesamt eine humorvolle Person?
Ich lache gerne. Vielleicht auch darum, weil Lachen das Verzweifelte, das manches im Leben vermittelt, erträglicher macht. "Gelacht werde darüber, daß es nichts zu lachen gibt", hat Adorno formuliert.  Henry Miller sah heilsame Kräfte im Lachen wirken: lachen lüfte das Gehirn und verhindere Aggression und Theorielastigkeit. In diesem Sinne würde ich mich durchaus als humorvoll bezeichnen.

Die Fragen stellte Isabelle Haupt

Einblick in Anja Luithles bewegte Kunst

Casting Shoes

2012
Schuhe aus Gießharz und Ölfarbe, kinetische Stahlkonstruktion, einbrennlackierter Stahlkasten, SPS
(programmierte Steuerung).
Höhe mit Sockel: 60 - 75 cm,
Kasten ohne Sockel: ca. 30 cm x 40 cm x 30 cm.

Werkserie von 7 Einzelstücken
la-di-da (Damenschuh, rot). 1997
Foto: Bernhard Widmann

Sammeltasse

2011
Tasse, Motor, Magnet, Löffel, Stahl, Holz, Lack.
Kästchen: 6 x 24 x 18 cm
Der Löffel rührt leise klingend in der Tasse
Foto: Anja Luithle

Rote Dame

1997

Stahl, Motor, Samt.

Das Objekt zittert.
Höhe ca. 160 cm.
Sammlung der Kunsthalle Göppingen
Foto: Joachim Fleischer

Gruppenbild

Foto: Mannheimer Versicherung AG

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