Kunstszene

Jaana Caspary

Die Preisträgerin des diesjährigen ARTIMA Förderpreises im Interview.

Jaana Caspary hat den ARTIMA Förderpreis 2024 gewonnen und wird ihre Arbeiten auf der art KARLSRUHE 2024 am ARTIMA Stand ausstellen. Karoline von ARTIMA hat die Künstlerin im Interview besser kennen gelernt.

Ausstellungsansicht Skulpturenpark Waldfrieden 2023 / Ausstellung „ebenda“. Foto: Süleyman Kayaalp

Können Sie sich bitte kurz mit eigenen Worten vorstellen? Wie sind Sie zur Skulptur gekommen?
Ich habe mich nicht bewusst für den Weg zur Skulptur entschieden. Es stellte sich mir nicht die Frage „welches Medium wähle ich aus?“. Es ist eher eine Entwicklung über den Lauf der Jahre. Ich habe früh festgestellt, dass mir das dreidimensionale Arbeiten liegt.

Während eines Praktikums bei der Bühnenplastik der Wuppertaler Bühnen habe ich anhand von Abbildungen aus einem Buch heraus Tiere in Ton modelliert und dann einen Gipsguss gefertigt. Darauf folgte ein längeres Schulpraktikum während meiner Zeit auf der Fachoberschule für Gestaltung im Atelier von Tony Cragg. Mein Vater ist Maler und meine Mutter Fotografin, sodass ich schon in frühsten Jahren mit Kunst in Berührung gekommen bin. Ich habe in ihrem Atelier auch immer etwas gemalt oder gewerkelt. Während längerer Aufenthaltszeit in Finnland sind wir viel draußen gewesen.  Ich habe Äste und Wurzeln gesammelt und daraus etwas gebaut oder geschnitzt. 

Wie war Ihre Zeit im Atelier von Tony Cragg und inwiefern hat das Ihre Arbeit beeinflusst?
Ich habe während des Studiums hin und wieder in der Werkstatt gearbeitet. Dort hat mich vor Allem das Arbeiten in unterschiedlichen Materialien wie z.B. Holz, Gips, Styropor und Kunststoff sowie der Formenbau begeistert. 

Können Sie Ihre Zeit als Meisterschülerin bei Prof. Didier Vermeiren auf der Kunstakademie Düsseldorf beschreiben?
In der Zeit an der Kunstakademie habe ich zwei beeindruckende bildhauerische Positionen kennengelernt; Didier Vermeiren und Tony Cragg. Ein intensives Arbeiten und Austauschen während der Studienzeit in der Klasse von Prof. Didier Vermeiren prägte meine Entwicklung.

Hier wurde der Sockel zur Skulptur gemacht. Spannende Fragen wurden aufgeworfen. Wo steht die Skulptur? Gehört der Sockel dazu? Es war ein angenehmes Arbeiten: Prof. Vermeiren war sehr engagiert, es war eine kleine Klasse. Didier Vermeiren arbeitet im Hauptmedium mit Skulpturen, als auch im Bereich Fotografie. 

Wie müssen wir uns Ihr Atelier vorstellen?
Mein Atelier ist mein Forschungslabor und meine Werkstatt. Mein Raum liegt direkt an der Wupper in einem Hinterhof. In meinem Atelier gibt es alles Mögliche von angefangenen über fertige Skulpturen, Materialien, Werkzeuge, Arbeitstische, Maschinen und dies und jenes was ich sonst für meine Arbeit brauche. In meinem Atelier entstehen hauptsächlich Skulpturen und Modelle. Die Zeichnungen mache ich zu Hause oder wenn ich unterwegs bin, da dies ein sauberes Arbeiten erfordert. Meine Fotomontagen entstehen als Collagen von Fotografien. Sie gehören zusammen mit den Zeichnungen und Skulpturen zu meiner Arbeit.

Foto: Jürgen Grölle


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Karl Heinz Krauskopf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für die Umsetzung der großen Skulpturen bin ich auch mal an anderen Orten. Dann arbeite ich beispielsweise mit Kunstgießereien in Düsseldorf oder Marburg zusammen. Diese sind auf das Kunstgießen in Bronze spezialisiert. Für meine Steinskulpturen, wie “swirl“ von 2023, arbeite ich mit einer Steinwerkstatt in Italien (Carrara) zusammen.

Swirl, Marmo Bardiglio, 2023. Foto: Jürgen Grölle


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zeichnung: Ohne Titel 40 cm x 30 cm, Pigmenttusche auf Papier. Foto: Jürgen Grölle

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Wie ist es als Bildhauerin, die mit massiven Materialien, Maschinen, entsprechendem Gewicht arbeitet? 
Meine Arbeit erfordert oftmals die Zusammenarbeit mit Spezialisten, die mir bei der Umsetzung oder auch dem Aufbau einer Großskulptur behilflich sind.

Warum sind Sie gerade in Wuppertal geblieben, was fasziniert Sie an der Kunststadt Wuppertal?
Das hat sich so ergeben. Ich bin hier geboren und habe in Düsseldorf studiert. Ich habe auch während der Studienzeit in Wuppertal gelebt. Nach dem Studium bin ich eine kurze Zeit in Paris gewesen und habe dann ein für mich passendes Atelier in Wuppertal gefunden. In Nordrhein-Westfalen liegt alles nah beieinander, was ich sehr schätze. Zudem ist Wuppertal sehr grün.

Möchten Sie uns noch etwas über den Entstehungsprozess erzählen?
Ja sehr gerne. Meine Skulpturen changieren zwischen Gefundenem und Erfundenem, teilweise nutze ich Gebrauchsgegenstände, die ich durch Wiederholen oder Verdoppeln zusammenfüge. Der Entstehungsprozess hat zunächst viel mit Formfindung, Umformung und mit Abformungen zu tun. Das Abformen interessiert mich, weil es im Entstehungsprozess, auch der klassischen Bildhauerei in der Umsetzung häufig ein wichtiger Arbeitsschritt ist. Die Formstücke kann ich dann wieder zusammenfügen oder es entstehen Wandreliefs, wie zum Beispiel die unten abgebildete Arbeit „ohne Titel“ von 2023.

Ohne Titel, 2023 140 cm x 175 cm x 20 cm. Foto: Jaana Caspary


Die Formelemente bei „double-box“, sind abgeformte Kissen, die ich modelliert habe. Umgesetzt wurde die Skulptur dann in Bronze und anschließend lackiert. 

Der ganze Bildhauerische Prozess - bestehend aus dem Gussmodell, dann Abformen, Gießen und wieder Zusammensetzen - ist sehr aufwändig. Die vielen Arbeitsschritte sind höchst spannend. 

double-box. 2023, 160 x 95 x 95 cm. Lackierte Bronze (800 kg). Foto: Michael Richter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Detailfoto von „swirl“. Foto: Jaana Caspary

Bei einer Steinskulptur, wie „swirl“ aus Marmor von 2023 ist die Umsetzung wieder anders. Die Skulptur wird aus einem Steinblock herausgearbeitet.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Palme „palm“ von 2021 ist durch immer wieder Auftragen und Schleifen modelliert und ausgearbeitet. Die Grundform des Sockels ist dem unteren Ende der Skulptur angepasst. Der Sockel bezieht sich auf die Füße der Skulptur im gleichen Farbton und schafft somit einen fließenden Übergang.

Galerie Grölle Wuppertal. Foto: Jürgen Grölle
palm, 2021. Foto: Jürgen Grölle

 

 

 

Detailansicht „palm“. Foto: Jürgen Grölle


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei den genannten Arbeiten wird die Vielfältigkeit Ihres Werkes sichtbar. Oftmals sieht man den Skulpturen das Gewicht nicht an: sie wirken leicht und luftig, scheinen zu schweben, wie die Arbeit „double-box“, die immerhin 800 kg wiegt und aus Kissen geformt zu sein scheint. Auch im zweidimensionalen Medium versuchen Sie, die Räumlichkeit von Gegenständen darzustellen und den Betrachter zunächst zu täuschen.  
Ja, die Skulpturen zeigen durch ihre meist weichen Formen nicht unbedingt ihr Gewicht. Parallel zu den Skulpturen zeichne ich sehr viel und es gibt zudem die Serie der Fotomontagen.  Die Fotomontage "6", von 2022 wirkt räumlich und skulptural, ist aber auf farbigem Untergrund inszeniert. Erst bei näherer Betrachtung wird dem Betrachter die Zweidimensionalität bewusst. Bei den detailliert ausgearbeiteten Tusche-Zeichnungen erarbeite ich die Höhen und Tiefen mit dem Stift als Modellierwerkzeug heraus. Das fühlt sich bildhauerisch an. Mich interessiert immer das Formmotiv, frei vom Umraum.

Fotomontage "6", 2022 Fineartdruck auf Aludibond. Foto: Jaana Caspary


Gibt es schon Pläne für zukünftige Ausstellungen/Projekte – steht schon etwas fest für 2024?
Es ist einiges in Planung, worüber ich jetzt jedoch noch nicht sprechen kann. Die Teilnahme an der art KARLSRUHE am ARTIMA Stand wird die erste Veranstaltung in diesem Jahr sein.

Ausstellungsansicht Galerie Grölle Wuppertal. Foto: Galerie Grölle


Wir werden einige Ihrer Arbeiten auf der art KARLSRUHE 2024 an unserem Messestand im Februar 2024 präsentieren. 
Ich freue mich sehr darauf, in dem Rahmen ausgestellt zu werden. Eine ganze Woche im Austausch mit den Besuchern zu stehen, stelle ich mir spannend vor. Auf der Messe kann man dann die Varianz in meinen ausgestellten Arbeiten sehen.

Ausstellungsansicht Galerie Grölle Düsseldorf. Foto: Galerie Grölle


Wo kann man Ihre Arbeiten momentan sehen? Sind bereits Außenskulpturen in Wuppertal oder anderen Städten im Stadtbild fest etabliert? 
Ich freue mich sehr, dass meine Bronzeskulptur „upside down“ (2022) im Skulpturen Park Waldfrieden (Cragg Foundation Wuppertal) in der dauerhaften Sammlung im Park ausgestellt ist. Die erste Version der Skulptur steht heute in einer Sammlung in den Vogesen in Frankreich und fügt sich dort wunderbar ins Landschaftsbild ein. Ein kurzer Zwischenstopp im Rahmen einer Ausstellung war der Künstlerverein Malkasten e.V in Düsseldorf.  Eine Skulptur aus Kunststoff steht im historischen Wuppertaler Villenviertel Brill. In dem Haus habe ich während meiner Studienzeit in einer kleinen Wohnung gewohnt. 

Skulptur „upside down“ Ansicht Skulpturenpark Waldfrieden Wuppertal. Foto: Michael Richter


 

Skulptur „upside down“ Ansicht Privatsammlung Vogesen (nähe Géradmer). Foto: Jaana Caspary


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Werden Sie von einer Galerie vertreten?
Ja, das ist die Galerie Grölle in Wuppertal und seit kurzem mit einem zweiten Standort in Düsseldorf https://groelle.de/

 

Haben Sie vielen Dank für die Einblicke in Ihre Arbeit. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit im Rahmen der art KARLSRUHE und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg! 

 

Dieses Interview führte Karoline von ARTIMA

Jaana Caspary

  • 1988 geboren in Wuppertal
  • 2003 Praktikum Wuppertaler Bühnen / Tanztheater Pina Bausch (Bühnenplastik), Wuppertal
  • 2005 - 2007 Fachoberschule für Gestaltung, Wuppertal
  • 2007 - 2014 Kunstakademie Düsseldorf
  • 2014 Akademiebrief, Meisterschülerin bei Prof. Didier Vermeiren
  • 2005 - 2016 Assitenz im Atelier Tony Cragg
  • lebt und arbeitet in Wuppertal

https://jaana-caspary.de/

Preise und Stipendien

  • 2024 "ARTIMA Förderpreis", art Karlsruhe 
  • 2022 Stiftung Kunstfonds "Neustart + Stipendium“
  • 2022 Stipendium des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein Westfalen
  • 2016 Cité internationale des arts, Paris
  • 2016 van-Rinsum Stipendium des VdDK, Düsseldorf
  • 2014 Kunstförderpreis Junge Positionen NRW, Künstlerzeche Unser Fritz 2/3, Herne
  • 2014 Kultur Bahnhof Eller Sommeratelier Stipendium, Düsseldorf

Ausstellungen (Auswahl)
(K= Katalog) (S=Solo)

  • 2024 "canteri culturali alla Zisa", Haus der Kunst, Palermo
  • 2024 „ARTIMA Förderpreis", Förderkoje Art Karlsruhe (S) (K)
  • 2024 "Caspary + Caspary", Stadtsparkasse Wuppertal (K)
     (mit Peter Caspary)
  • 2024 "Botanik", Künstlerverein Malkasten e.V, Düsseldorf
  • 2023 „ebenda", Skulpturenpark Waldfrieden / Cragg Foundation, Wuppertal (S)(K)
  • 2023 "umformung", Kunstverein Schwäbisch Hall (S)
  • 2023 "51°14'59.6"N 7°07'39.2“E", Galerie Grölle, Wuppertal (S)
  • 2023 "51°13'39.7"N 6°48'26.2"E", Galerie Grölle, Düsseldorf (S)
  • 2022 "live in", estudiopablodelillo, Oviedo (ESP) (S)
  • 2022 "**CK", ASPN Galerie Arne Linde, Leipzig
    (mit Jennifer König)
  • 2021 "die grosse NRW", Museum Kunstpalast, Düsseldorf (K)
  • 2021 "here / there", Galerie Grölle, Wuppertal / Berlin / Wexford (K)
  • 2020 "reflective exchange", Galerie Grölle, Wuppertal (S)
  • 2019 "die grosse NRW", Museum Kunstpalast, Düsseldorf (K)
  • 2019 "achtzehnneunzehn", Von der Heydt Kunsthalle, Wuppertal (K)
  • 2019 "Raum und Objekt XV", Kunstmuseum Gelsenkirchen (K)
  • 2016 "studio", cité des arts internationale, Paris (S)
  • 2016 "icebergs", neue Galerie, Essen (S) (K)
  • 2015 "Wahlverwandtschaften", Lehmbruck Museum, Duisburg (K)
  • 2014 "Junge Positionen NRW 2014", Kunstförderpreis Unser Fritz 2/3, Herne (S) (K)
  • 2014 "Irgendwo hier", Kulturbahnhof Eller Sommeratelierstipendium, Düsseldorf (S) (K)

Kuratorische Projekte

  • 2016 Gründung des Ausstellungs- und / Projektraum "Raum2 INTERVENTIONS" mit Galerie Grölle, Wuppertal
  • 2018 - 2022 Organisatorische und Kuratorische Leitung "8.Skulpturenprojekt Hardt", "9.Skulpturenprojekt Hardt"+ "10.Skulpturenprojekt Hardt" (Interventions e.V), Wuppertal

 

Foto: Jürgen Grölle


 

 

 

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