Kunstszene

Caspar David Friedrich

Kunst für eine neue Zeit

Die Jubiläumsausstellung der Hamburger Kunsthalle bildet den Auftakt zum Caspar David Friedrich-Festival in diesem Jahr. Anlässlich des 250. Jubiläumsjahres widmen in der Folge auch die Alte Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden dem Künstler eine jeweils thematisch eigenständige Schau. Die drei Häuser verfügen über die bedeutendsten Bestände an Werken Friedrichs weltweit. Mit umfangreichen gegenseitigen Leihgaben ermöglichen sie einzigartige Präsentationen seines Schaffens.

Kunsthalle Hamburg

Die Hamburger Ausstellung bietet die umfangreichste Werkschau des Malers seit vielen Jahren. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine thematisch ausgerichtete Retrospektive mit über 60 Gemälden – darunter zahlreiche ikonische Schlüsselwerke – und rund 100 Zeichnungen.

Caspar David Friedrich (1774–1840):  Der Mönch am Meer, 1808–1810.
Öl auf Leinwand, 110 x 171,5 cm,
Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie. © bpk / Nationalgalerie, SMB / Andreas Kilger

Zentrales Thema ist das damals neuartige Verhältnis von Mensch und Natur in Friedrichs Landschaftsdarstellungen. Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts setzte er damit wesentliche Impulse, um die Gattung der Landschaft zur „Kunst für eine neue Zeit“ zu machen, wie auch der Untertitel der Ausstellung heißt. Ergänzend werden 20 weitere Arbeiten von Caspar David Friedrichs Künstlerfreunden Carl Gustav Carus, Johan Christian Dahl, August Heinrich und Georg Friedrich Kersting präsentiert. Ihre Gemälde und Studien knüpfen an Friedrichs Œuvre an, erschließen aber auch neue Blicke auf die Natur.

Caspar David Friedrich (1774–1840): Kreidefelsen auf Rügen, 1818
Öl auf Leinwand, 90 x 70 cm.
Kunst Museum Winterthur, Stiftung Oskar Reinhart. © Foto: SIK-ISEA, Zürich / Philipp Hitz

Hochkarätige und äußerst seltene Leihgaben wie die Gemälde Kreidefelsen auf Rügen (um 1818–1822) aus der Schweiz, Mönch am Meer (1808–1810) und Zwei Männer in Betrachtung des Mondes (1819/20) sind in der Ausstellung unter anderem neben den Bildern Wanderer über dem Nebelmeer (um 1817) und Das Eismeer (1823/24) aus dem Bestand der Hamburger Kunsthalle zu erleben. Diese Werke zählen zu den Ikonen der Romantik.

Caspar David Friedrich (1774–1840): Das Eismeer, 1823/24
Öl auf Leinwand, 96,7 x 126,9 cm.
Hamburger Kunsthalle, © Hamburger Kunsthalle / bpk. Foto: Elke Walford


Malerisch lotete Friedrich aus, auf welche Weise die Landschaft zu einem zeitgemäßen Thema werden kann, welches Potenzial sich an die Wiedergabe von Natur knüpft und wie sie sich den Betrachter:innen vermitteln lässt. Aber auch dem umfangreichen zeichnerischen Œuvre Friedrichs kommt in der Schau eine besondere Bedeutung zu. Der bewusste Aufenthalt in der freien Natur in künstlerischer Absicht zählt zu den besonderen Merkmalen romantischer Kunstpraxis und war für Friedrich essenziell. Die Ausstellung würdigt seine Zeichnungen in ihrer autonomen Qualität und betrachtet sie nicht nur als Studien von Naturdetails, die sich später in seinen Gemälden wiederfinden.

Caspar David Friedrich (1774–1840): Selbstbildnis mit aufgestütztem Arm, um 1802
Feder in Braun über Bleistift, 26,7 x 21,5 cm, 
Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett. © Hamburger Kunsthalle / bpk. Foto: Christoph Irrgang

Der Anschlussfähigkeit von Friedrichs Werken für die Kunst der Gegenwart, gerade auch im Hinblick auf die Herausforderungen unserer Zeit, widmet sich der zweite Teil der Ausstellung. Gattungs- und medienübergreifende Arbeiten von 21 Künstler:innen treten in den Dialog mit Friedrichs Bildwelten und den Naturvorstellungen der Romantik. Nicht zuletzt fragen sie vor dem Hintergrund der Klimakrise und einem ins Wanken geratenen Mensch-Natur-Verhältnis auch nach unserer heutigen Beziehung zur Natur.

Zu sehen sind Werke unter anderem von Elina Brotherus, Julian Charrière, David Claerbout, Olafur Eliasson, Alex Grein, Hiroyuki Masuyama, Mariele Neudecker, Ulrike Rosenbach, Susan Schuppli, Santeri Tuori und Kehinde Wiley. Die Fotografien von Elina Brotherus, die sich unter anderem in Anlehnung an Friedrichs Wanderer über dem Nebelmeer selbst ins Bild setzt, eröffnen Fragen zu Gender- und Blickverhältnissen in der Kunst der Romantik. Während das romantische Naturverständnis zu Lebzeiten Friedrichs national geprägt war, nähern sich Künstler:innen Natur und Klimawandel heute aus einer globalen Perspektive. Die Ausstellung zeigt in diesem Sinne aktuelle Arbeiten, die sich den Schattenseiten und Leerstellen der Romantik und ihrer Rezeption widmen.

Kehinde Wiley (*1977): The Prelude (Ibrahima Ndiaye und El Hadji Malick Gueye), 2021
Öl auf Leinwand, 387,2 x 305 cm,
Rennie Collection, Vancouver. Courtesy of the artist und Stephen Friedman Gallery, London. © Kehinde Wiley


Der Kolonialismus und seine Auswirkungen für Mensch und Natur werden dabei ebenso in den Blick genommen wie ein westlich-hegemonialer Naturbegriff und seine Ausprägungen in der Kunst. Insgesamt präsentiert die Ausstellung ein breites Spektrum von konkreten Bildadaptionen bis hin zu deutlich abstrakteren Anknüpfungen an Friedrichs spezifische Arbeitsweise und seine Bildthemen. Ausgestellt werden unter anderem zwei großformatige Friedrich-Adaptionen des US-amerikanischen Künstlers Kehinde Wiley (*1977), die kritisch den westlichen weiß geprägten Kunstkanon reflektieren.

Außenansicht des neu erschlossenen Eingangsportals der Hamburger Kunsthalle
© Hamburger Kunsthalle. Foto: Ralf Suerbaum

Die Schau wird durch ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm und zahlreiche Vermittlungsangebote noch bis April 2024 begleitet. Im Vermittlungsraum KOSMOS CASPAR inmitten der Ausstellung kann man sich an einer digitalen und analogen Zeichenstation sowie an Riech- und Taststationen auf die Spuren von Friedrich als Zeichner begeben und über das eigene Verhältnis zur Natur nachdenken.

In der App der Hamburger Kunsthalle stehen mehrere Audiotouren zur Verfügung: eine rund 65-minütige Tour für Erwachsene (Deutsch/ Englisch), eine Tour für Kinder ab 8 Jahren, eine Tour in Leichter Sprache (jeweils Deutsch) sowie Videos in Deutscher Gebärdensprache und Audiodeskriptionen für sehbehinderte/blinde Gäste.

Im Kontext des bereits erwähnten Festivals entsteht – initiiert von der Hamburger Kunsthalle in Kooperation mit der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – im Rahmen des Projektes Datenraum Kultur das Webportal cdfriedrich.de mit kuratierten multimedialen Angeboten zu Friedrichs Werk. Der Datenraum Kultur soll als eines von mehreren Leuchtturmprojekten der Digitalstrategie der Bundesregierung die digitale Vernetzung von Kultureinrichtungen und den souveränen Austausch kulturbezogener Daten ermöglichen.

Weitere Infos
Die Ausstellung hat verlängerte Öffnungszeiten: Di. bis So. von 10 bis 19 Uhr, Do. bis 21 Uhr.
Für den Besuch bedarf es eines Zeitfenster-Tickets (online und an bekannten Vorverkaufsstellen). Soweit verfügbar, sind die Tickets auch an der Kasse im Museumsaltbau erhältlich. Das Zeitfenster bezieht sich auf die Einlasszeit (die Aufenthaltsdauer ist nicht berührt) und gilt für alle anderen Bereiche des Museums.
Unter #CDF250 wird die Ausstellung in den Sozialen Medien kommuniziert.

Hier geht´s zur Kunsthalle Hamburg 

Weitere Ausstellungen 
Alte Nationalgalerie, Berlin (19.04.2024 bis 04.08.2024)
Das Albertinum, Dresden (24.08.2024 bis 05.01.2025)
Kupferstich-Kabinett, Dresden (24.08.2024 bis 17.11.2024)

Ein Beitrag von Karoline 

Zum Anfang