Kunstszene

Die Künstlerin Zoe Klink malt auf der IT-Messe ISC in Hamburg

Anachronismus oder Ausdruck künstlerischer Einzigartigkeit?

Die „International Supercomputing Conference“ (ISC) in Hamburg gilt als führende Konferenz für neueste Entwicklungen im IT-Markt. Firmen aus dem In- und Ausland stellen ihre Produkte vor und ziehen ein internationales Fachpublikum zum Ausstauch und zum „Netzwerken“an. Auch das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) aus Kaiserslautern war auf der Messe vertreten und hat einen Coup gelandet. Statt mit Computern und Zahlen, lockte das ITWM die Besucher mit Kunst an seinen Stand und das quasi im „Livestream“. Es beauftragte die Künstlerin Zoe Klink während der Messe vom 21. bis 25. Mai 2023 am Stand des Fraunhofer-Instituts ein Bild zu malen. Wir trafen die Frankfurter Künstlerin, die seit sechs Jahren in England lebt, wo sie nach einer einjährigen Grundausbildung an der bedeutenden „University of the Arts London“ nun ihren Bachelor an der Universität „City & Guilds of London Art“ macht, um mit ihr über ihre Kunst und ihre Erfahrungen auf der IT-Messe in Hamburg zu sprechen.

Künstlerin Zoe Klink während der Messe vom 21. bis 25. Mai 2023 am Stand des Fraunhofer-Instituts (Foto: Fraunhofer ITWM)

ARTIMA: Frau Klink, was haben Sie gedacht, als das Fraunhofer Institut auf Sie zukam mit der Idee, auf einer IT-Messe ein Bild zu malen? Waren sie überrascht?

Zoe Klink: Ja, zunächst war ich davon tatsächlich überrascht, aber sehr schnell spürte ich den Reiz, der darin liegt, Menschen außerhalb der Kunstwelt sehr direkt mit Kunst zu konfrontieren und mit ihnen darüber ins Gespräch zu kommen.

ARTIMA: Wie waren die Reaktionen der Messe-Besucher?

Zoe Klink: Das Anliegen des Fraunhofer Instituts war zunächst, mit der Aktion die sehr zahlen- und techniklastige Atmosphäre der Messe zu entschlacken. Den Besuchern ein Angebot für eine „Pause“ von den IT-Themen zu ermöglichen. Das kam sehr gut an. Ich habe erlebt, dass die Besucher geradezu erleichtert und begeistert waren, dass hier in manueller Arbeit vor Ort etwas entsteht, das nicht durch digitale Prozesse ins Anonyme überführt wird. Ich habe viel positive Resonanz und Aufmerksamkeit erhalten. Das ging so weit, dass die Mitarbeiter vom Fraunhofer Institut witzelten, bei mir blieben mehr Besucher stehen als bei ihnen am Stand. Mein Bild wurde zur Wegbeschreibung des Fraunhofer Teams, es hieß: „Unser Stand ist bei der Künstlerin. Die arbeitet übrigens mit uns zusammen“.

Tatsächlich kam die Mehrzahl der Messebesucher nach einiger Zeit oder sogar am nächsten Tag zurück, um meine Fortschritte zu begutachten.

ARTIMA: Aber ist dies nicht nur ein scheinbarer Gegensatz? Denn die Welten von Digitalem und Künstlerischem sind heute ja nicht mehr strikt voneinander zu trennen.

Zoe Klink: Ja, das ist so und letztlich habe ich in Gesprächen immer wieder das Credo gehört, dass IT in erster Linie dazu da ist das (Alltags-)Leben des Menschen zu erleichtern, den Menschen zu helfen, statt sie zu ersetzen. Und letztlich profitiere ich auch davon, weil ich mit digitalen Medien aufgewachsen bin und sie letztlich auch in meinen künstlerischen Arbeitsprozess integriert habe.

ARTIMA: Wie arbeiten Sie genau?

Zoe Klink: Oftmals schneide ich zunächst vorgefundenes Bildmaterial, z. B. Fotos, digital zusammen. Das Ergebnis wird von mir erst digital gezeichnet und später physisch gemalt. Diese Abfolgen wiederholen sich teilweise mehrmals, bevor mein Endresultat entsteht. Diese Arbeitsweise erlaubt es mir Kunstwerke zu erschaffen, die mit den Vorteilen und Eigenarten des Digitalen spielen und trotzdem von der Beschaffenheit und Unberechenbarkeit des Mediums Acrylfarbe profitieren.

ARTIMA: Also codieren Sie zunächst Ihre Werke ähnlich wie das in digitalen Prozessen geschieht und geben ihnen in der handwerklichen Ausführung ihren einzigartigen Charakter, der sich aus der Struktur des verwendeten Materials und Ihrer schöpferisch-kreativen Reaktion darauf entwickelt und somit das Kunstwerk unvorhersehbar und unersetzbar macht.

Zoe Klink: Ja, so in etwa.

ARTIMA: Sie malen in erster Linie figurativ und in leuchtenden Farben. Worum geht es in Ihren Bildern und was ist Ihr Anliegen?

Zoe Klink: Ich lege in meinen Werken den Fokus auf Interaktion und Emotion. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mich alte Fotos, die ich secondhand gekauft habe, emotional berührten, obwohl ich die dargestellten Personen und Situationen ja gar nicht kannte. Ich dachte mir, wenn das bei mir so ist, dann geht es ja vielleicht anderen Menschen auch so. Über diese Emotionalität, die unterbewusst oft mit Symbolen und Farben verknüpft ist, möchte ich den Betrachter in das Bild holen und in Welten transportieren, die ihm vertraut und gleichzeitig fremd erscheinen, um auf diese Weise Szenarien zu erschaffen, in die sich der Zuschauer vertiefen kann. Auf diese Weise kann es gelingen, dass eigene Erinnerungen wieder lebendig werden. Dafür ist eine leuchtende Farbpalette elementar, da sie Vergangenes koloriert und damit automatisch im Hier und Jetzt lebendig macht.

ARTIMA: Stilistisch arbeiten Sie sowohl linear in Form von Strichelungen als auch flächig, wobei sich beides teilweise überlagert. Was hat es damit auf sich?

Zoe Klink: Es geht mir um die Textur der Farbe, die im künstlerischen Prozess von entscheidender Bedeutung ist. Ich suche nach Mitteln, wie Acrylfarbe mehr Textur erhält. Durch das Arbeiten mit unterschiedlichen Farbkonsistenzen entsteht etwas Neues, weil dieser Prozess unvorhersehbar ist. Dadurch baut sich die große Nähe zum Bild auf.

ARTIMA: Das ist ein sehr individueller Prozess. Glauben Sie, dass unter diesem Aspekt Künstliche Intelligenz (KI) im künstlerischen Schaffen eine Rolle spielen und den Künstler ersetzen kann?

Zoe Klink: KI kann im kreativen Prozess keine Entwicklung erzeugen, wie der Künstler durch seine Inspiration. Natürlich ist es möglich, dass KI aus einem unendlichen Fundus an Informationen schöpft und diese miteinander kombiniert. Aber das entwickelt die Kunst nicht weiter, weil lediglich bereits Bestehendes verarbeitet wird. Kunst entwickelt sich aber nur durch die Inspiration, die spontan Eintritt in einem unerwarteten Moment, durch die Physis des eigenen Erlebens in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Werk und den verwendeten Materialien.

ARTIMA: Neben Ihrem Studium sind Sie als freischaffende Künstlerin tätig und kümmern sich um den Vertrieb Ihrer Bilder und den Aufbau eines Netzwerkes. Können Sie jungen Menschen, die ähnliches vorhaben, Tipps geben? Wie sollten sie sich fokussieren und was dürfen sie dabei nicht aus den Augen verlieren?

Zoe Klink: Ganz wichtig ist, das zu tun, wovon man überzeugt ist. Authentisch zu sein und den Weg verfolgen, den man gehen will. Dabei aber auch offen bleiben für Anregungen von außen. Die Leidenschaft an der Kunst lässt einen immer weiter nach Neuem suchen und treibt die Entwicklung so voran.

Wenn sich Aufgaben von außen stellen, ist es wichtig zu wissen, was man will und wo man steht. Entscheidend ist, nur das zu machen, wovon man überzeugt ist.

ARTIMA: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Klink.

Das Interview führte Michael.


 

 

 

 

Kunstwerke von Zoe Klink (© Zoe Klink)

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