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Route des Monats: Der Orient-Express

Auf den Spuren des legendären Ermittlers Hercules Poirot

"Plötzlich gab es einen Ruck. Beide Männer drehten sich rasch zum Fenster um und sahen den langen, erhellten Bahnsteig langsam vorbeiziehen. Der Orient-Express hatte seine Dreitagereise quer durch Europa angetreten." Mit diesen Worten nimmt die Handlung in Agatha Christies Roman "Mord im Orient-Express" Fahrt auf. Als die legendäre Krimibuchautorin ihr Werk Anfang 1934 veröffentlicht, ist der Orient-Express der "König der Züge" und der "Zug der Könige". Quer über den Kontinent reicht sein Streckennetz - von Paris über München, Wien und den Balkan bis nach Budapest, Bukarest und Istanbul. Und sein Innenleben ist - für damalige Verhältnisse - der pure Luxus.

Orient Express

Der Orient-Express, er ist Inbegriff der Goldenen Zwanziger, einer Zeit des gehobenen Luxus und des technisierten Zugangs zur weiten Welt auf mehreren Routen quer durch den europäischen Kontinent.

Der Orient-Express fuhr klassisch auf der Gesamtstrecke zwischen Paris und Istanbul; aufgrund des Streckenziels in der Türkei kam der Luxuszug im Art-déco-Design auch zu seinem Namen. Heute fährt auf den folgenden Routen: Hauptsächlich ist der Orient Express zwischen Paris und Venedig unterwegs. Hier verkehrt er alle 1-2 Wochen. Auf anderen Strecken ist der Luxuszug deutlich seltener anzutreffen, etwa Venedig – Budapest, Prag – Paris, Berlin – Paris oder auch Paris – Istanbul.



Der Orient-Express und seine Historie

Der Orient-Express begann als ein Luxuszug, der ausschließlich aus Schlafwagen und Speisewagen bestand. Verantwortlich war Georges Nagelmackers und seine Compagnie Internationale des Waggon-Lits. Seine erste Reise fuhr der Zug am 5. Juni 1883 von Paris nach Giurgiu. Von Giurgiu aus konnte man dann mit einer Fähre, einem Zug der Orientbahn und einem Linienschiff bis nach Konstantinopel reisen, welches seit 1930 Istanbul heißt.

Das Jahr 1890 brachte eine veränderten Streckenverlauf. Die Gäste reisten nun von Paris über Wien, Budapest, und dann entweder über Sofia bis Konstantinopel oder über Bukarest bis Constanta. Der Erste Weltkrieg und seine Verwerfungen erforderten eine Unterbrechung des Zugverkehrs, danach fuhr der Zug wieder nach Bukarest und wurde zur Legende auf Schienen. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte der Siegeszug des Flugzeugs und Autos ein, was den Zug überflüssig machte. Die Reise von Paris-Istanbul übernahm später der Simplon-Orient-Express mit seiner Strecke über Mailand, Triest und Belgrad bis Istanbul. Oft wird dieser Zug nach Istanbul einfach Orient-Express genannt.


Zu seiner Zeit beförderte der Zug Passagiere wie Tolstoi, Trotzki, Marlene Dietrich, Lawrence von Arabien und die Spionin Mata Hari. Bis zum heutigen Tage ist der Orient-Express zudem auch Schauplatz vieler verschiedene Romane und Filme. Der wohl berühmteste Roman ist Agathas Christies Mord im Orient-Express.

Der Roman von Agatha Christie kreist um den belgischen Detektiv Hercule Poirot, der eine Fahrt im gleichnamigen Zug bucht. Während der Reise durch Jugoslawien ist die Strecke durch Schneefall blockiert und der amerikanische Reisende Cassetti wird mit zwölf Messerstichen umgebracht. Poirot führt die Befragung aller Passagiere, die teils etwas zu verbergen scheinen und teils einen speziellen Eindruck machen. Eine russische Adelige und ihre deutsche Zofe gehören dazu, eine schwedische Missionarin, eine reizbare Amerikanerin und ein ungarischer Graf. Es stellt sich heraus, dass alle Fahrgäste zu Daisy Armstrong in Beziehung standen, die Cassetti auf dem Gewissen hatte – und so führten sie gemeinsam einen Mord aus Rache aus.


Der luxuriöseste Zug für den Adel, berühmte Schauspieler, ranghohe Politiker und Schriftsteller, die nach Inspiration suchten, machte während der Fahrt einen unglaublichen Komfort möglich. Schon von außen sieht der berühmte Zug opulent und prächtig aus: Die 17 originalgetreu restaurierten Waggons sind in Royalblau und Gold gehalten. Wer einen Blick ins Innere wirft, wird fasziniert sein: Die Ausstattung ist mindestens genauso edel. Hochwertiges dunkles Teakholz, das für die lackierten Vertäfelungen genutzt wird, trifft auf Samtpolster, weiße Tischdecken treffen auf florale Tapeten aus Velours. Überall gibt es Kristallgläser, poliertes Messing und gepolsterte Sessel. Neben den luxuriösen Schlafwagen gibt es drei Restaurantwagen, einen Piano-Barwagen, einen Service- und Gepäckwagen sowie eine Boutique. Authentizität ist hier alles.

Neben einem Augenschmaus auf vorbeiziehende Landschaften wird der Gast auch mit der berühmten Küche verwöhnt. Jedes Gericht wird von Executive Chef Christian Bodiguel liebevoll zubereitet, einem wahren kulinarischen Meister, der sein Handwerk im Zug über drei Jahrzehnte verfeinert hat. Er lässt sich von den saisonalen und lokalen Gegebenheiten inspirieren, wobei die Zutaten von den Reisezielen, durch die der Zug fährt, ausgewählt werden.

Die drei Restaurantwagen im Nostalgie-Zug heißen:

  • Lalique (36 Sitzplätze)
  • Etoîle du Nord (34 Sitzplätze)
  • Chinoise (36 Sitzplätze)

Der Barwagen wurde von Gérard Gallet entworfen und durfte schon Berühmtheiten wie Cher, Gregory Peck und Alan Whicker begrüßen.

Im Venice Simplon-Orient-Express gehört die Abendgarderobe für das Dinner unbedingt zum Erlebnis. Wenn der Zug in die dunkle Nacht einfährt, lockt die glitzernde Art-Deco-Champagner-Bar.


 

Übernachten im Orient-Express

An Bord gibt es vier verschiedene Abteilkategorien: Gäste haben die Wahl zwischen Einzel-Abteil, Doppel-Abteil, Cabin Suite und Grand Suite. Insgesamt fasst der Venice-Simplon-Orient-Express maximal 176 Passagiere. Die Einzel- und Doppelkabinen sind zwar nicht ganz so geräumig wie die Suiten, stehen diesen in puncto Interieur aber ich nichts nach. Auch hier werden Fahrgastträume Wirklichkeit: Ein hübsches Zwanzigerjahre-Waschbecken ist ebenso vorhanden wie ein kleiner, geräumiger Tisch mit Stuhl, eine regulierbare Heizung und Leselampen. Außerdem gibt es weiche Handtücher und Nackenrollen. In jeder Kabine gibt es einen Waschtisch. Pro Waggon steht Übernachtenden eine Toilette zur Verfügung; das Frühstück und der Nachmittagstee werden vom Steward in die Kabine gereicht.

Die Cabin Suiten verfügen über mehr Fläche, da sie jeweils aus zwei privaten Abteilen mit Verbindungstür bestehen. Es gibt hier eine Art Lounge-Bereich mit schicken Polstermöbeln, Fußbank und kleinem Tisch; ansonsten ist auch hier natürlich die Ausstattung der Einzel- und Doppel-Abteile vorhanden.

Als Inbegriff von Glamour können die Grand Suiten des Zuges bezeichnet werden. Erst seit 2018 gibt es diese Schlafwagen-Klasse; die Original-Waggons bleiben dem Stil der Zwanziger Jahre aber treu. In einem Waggon befinden sich lediglich drei Grand Suiten – daher haben Reisende hier enorm viel Platz. Die Grand Suiten sollen das Gefühl von grenzenlosem Luxus vermitteln, der schon in den Goldenen Zwanzigern nur den reichsten Menschen vorbehalten blieb. Deshalb profitieren Passagiere hier von einigen Annehmlichkeiten, beispielsweise werden sie mit Champagner und Kaviar begrüßt. Im Preis inklusive ist auch ein Privattransfer zwischen Hotel und Bahnhof am Abfahrts- und Zielort. Hinzu kommt, dass Ihnen ein Zweiertisch in einem der Speisewagen garantiert wird. Auch in den Grand Suiten gibt es einen großzügigen Lounge-Bereich – mit Samtpolstern, poliertem Teakholz, hochwertigem Marmor und zwei Betten mit edler, weicher Bettwäsche. Darüber hinaus verfügen diese Kabinen über ein eigenes WC und eine Dusche.

Der Venice Simplon-Orient-Express ist schlicht und einfach der geschichtsträchtigste Zug der Welt. Mit seinem polierten Holz, den prächtigen Polstern und den antiken Einbauten verkörpert der Zug die Opulenz und Eleganz des goldenen Reisezeitalters. Welchen es auch in H0 von Märklin gibt.

Und wer möchte nicht auf den legendären Spuren von Hercules Poirot reisen?

                                                             

Ein Artikel von Veronique Marek

 

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