Kunstszene

Discovery Art Fair 2022

Ein Rückblick auf die Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst in Frankfurt vom 3. bis 6. November 2022

Am ersten Novemberwochenende fand in Frankfurt die Discovery Art Fair statt, zum fünftem Mal in Folge. Über 120 internationale Aussteller zeigten in der Halle 1 der Messe Frankfurt ihr Angebot an Gegenwartskunst.

Discovery Art Fair 2022 | Foto: Thomas Gessner

Empfangen wurde der Besucher von der bereits 2007 entstandenen Arbeit „The Hug“ der Künstlerin Jenny Brockmann. Die Installation könnte aktueller nicht sein, gerade in Zeiten mit Pandemie geschuldeten Abstandsregeln. Die in Berlin und New York arbeitende Künstlerin vereinigt in ihrem Werk Technik, Wissenschaft und Kunst.

Das Werk „The Hug“ besteht aus zwei halbrunden „Armen“ aus Holz, mit Textil umkleidet, die man über einen Schalter pneumatisch auslösen kann, so dass die zwischen ihnen stehende Person regelrecht umfangen, ja umarmt wird. Die Arbeit basiert auf Forschungen und vergleichbaren Apparaturen aus der Medizin. Sie geht dem grundlegendsten Bedürfnis des Menschen nach Berührung und Umarmung nach.

Genau dies wurde durch die Reaktion Derjenigen bestätigt, die es ausprobierten: zunächst vorsichtige Skepsis, dann ein sich deutlich zeigendes Wohlempfinden.

Jenny Brockmann, „The Hug“ | Foto: Holger Peters

Dementsprechend entspannt konnte man dann über die Messe gehen.

Das Interesse des Publikums war groß: Allen war die Freude anzumerken, sich einmal wieder ungezwungen auf einer Kunstmesse mit Galeristen und Kunstschaffenden auszutauschen zu können.

Interessant ist bei dieser Messe ja, dass neben den Galerien, auch Künstler, Produzentengalerien und Kunstvermittler, Pop-Up Galerien direkt ausstellen. Demzufolge gab es eine „Gallery Section“ und „Artist Section“, begleitet von einer „Special Show“ mit teils großformatigen Skulpturen und Installationen. Gezeigt wurde ein breites Spektrum zeitgenössischer Kunst, vornehmlich Gemälde, Zeichnungen, Graphiken, Fotoarbeiten und Skulpturen.

Ein großes Thema waren in diesem Jahr Landschafts- und Naturdarstellungen – ganz im Zeichen des Klimawandels.

Die Galerie Bengelsträter aus Düsseldorf war mit großformatigen Leinwänden aus der neuer Werkserie „Renaissance 8“ von Anna Lena Straube vertreten. Detailreiche, opulente Naturdarstellungen mit Figuren, deren Motive in Performances mit Tänzern und Schauspielern entstanden sind, so die Version einer Welt erschaffend, wie man sie sich träumen mag. 

Anna Lena Straube, „Renaissance 8“ | Foto: Holger Peters


Dagegen konnte die kinetische Skulptur des Amerikaners Eric Mesplés „Killing Time“ kaum gegensätzlicher sein. Ein übergroßes Stundenglas, gefüllt mit tiefschwarzem Ferrofluid, einer Flüssigkeit, die auf magnetische Felder reagiert, ohne zu verfestigen. Nähert sich der Betrachter dem Objekt, setzt ein unsichtbarer Elektromagnet in der Skulptur eine kuratierte Sequenz in Gang, bei der das Ferrofluid im oberen Teil des Stundenglases freigesetzt wird. Es löst dann in dem Mund eines polierten Totenschädels eine atemähnliche Bewegung aus und rinnt langsam in den unteren Teil des Glases, wo es sich zu einer undurchdringlichen, zäh wirkenden Masse anhäuft. Der Betrachter wird so interaktiv in die komplexe Kreation mit einbezogen. Die Bedeutung eines modernen Vanitas Motives drängt sich auf.

Eric Mesplés, „Killing Time“ | Foto: Holger Peters

Die „Artist Section“ bietet insbesondere jungen, noch unbekannten Künstler ein Forum, ihre Werke einem breiten Publikum zu präsentieren und im Kontakt mit den Besuchern Erfahrungen zu sammeln. Darunter stellen aber auch international bekannte Künstler aus, wie der Düsseldorfer Bernd Schwarzer oder Felix Haspel aus Wien.

Bernd Schwarzer zeigte auf einem Stand großformatige Gemälde mit den Themen Deutschland und Europa, in den Farbkompositionen schwarz-rot-gelb und blau-gelb. Darunter seine Version Goethes in der römischen Campagna, nach dem berühmten Motiv von Tischbein. Charakteristisch für Schwarzer ist der intensive pastose Farbauftrag, die reliefartige Struktur seiner Gemälde, die oft genug die Bildgrenzen zu sprengen scheinen, die stakten Kontraste und Leuchtkraft der Farben. Ein äußerst zeitaufwendiger Gestaltungsprozeß, Ölfarbe wird gespachtelt, mit dem Pinsel aufgebracht, gezupft, gezogen, auch direkt aus der Tube auf die Leinwand gebracht, Lage für Lage übereinandergeschichtet, die dann über große Zeitspannen auch erst aushärten muss.

Seinem ehemaligen Lehrer an der Düsseldorfer Kunstakademie, Joseph Beuys, widmete der Künstler ein Portrait und zwei kleine, polychrom gefasste Bronzebüsten.

Atelier Bernd Schwarzer | Foto: Holger Peters


Felix Haspel, Maler, Skulpteur und vor allem Textilkünstler, zeigte dagegen einen Farbenrausch der anderen Art, fein nuanciert, aber ebenfalls von einer enormen Leuchtkraft bei seiner Tapisserie „Human Traces“, eine Landschaftsdarstellung aus dem Maghreb.

Felix Haspel lehrte als Professor im Bereich der Textilkunst über 25 Jahre an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und zählt heute zu den führenden Textilkünstlern Österreichs. Für ihn ist das Weben einer Tapisserie Malerei mit Wolle. Dabei färbt er die Wolle selbst ein, verfügt mit über 4000 verschieden farbigen Wollfäden über unendlich Farbvariations- und Schattierungsmöglichkeiten. Vielfach international ausgestellt, realisierte er zahlreiche Landart-Projekte in der Wüste Nordafrikas. Dieser Wüste gilt auch seine ganze Liebe, sie bestimmt sein Werk in vielfältiger Weise. Davon zeugten auch die ausgestellten Zeichnungen und Gemälde, die ergänzt wurden durch seine Skulpturen u.a. aus Eisen und Stein. Auch in ihnen zeigt sich ein textiler Moment, der über eine textil anmutende Form erreicht wird.

Atelier Felix Haspel | Foto: Holger Peters


Es scheint, dass sich die „Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst“ durchaus als Nachfolgemesse der Art Frankfurt, die hier in der Mainmetropole bis 2005 stattgefunden hat, etablieren kann.

Die nächste Discovery Art Fair findet vom 20. bis 23. April 2023 in Köln statt.

Eure Astrid 


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