Kunstszene

Ausstellung Christo und Jeanne-Claude. Paris. New York. Grenzenlos

Kunstpalast Düsseldorf, noch bis zum 29. Januar 2023

Passender könnte die Szenerie kaum sein, mit dem auf Grund der Sanierung durch Bauplanen verhüllten Kunstpalast in Düsseldorf, in dem noch bis zum 29. Januar 2023 die Retrospektive Christo und Jeanne-Claude. Paris. New York. Grenzenlos zu sehen ist.

Blick in die Ausstellung (Foto: Dr. Astrid Grittern)

Es ist die letzte von Christo persönlich kurz vor seinem Tod im Mai 2020 autorisierte Ausstellung. Ausgangspunkt für diese Ausstellung bildete die bedeutende Sammlung von Ingrid und Thomas Jochheim. Beide waren über Jahrzehnte mit Christo und Jeanne-Claude eng verbunden und haben einen der umfangreichsten Bestände ihrer Werke zusammengetragen.

Blick in die Ausstellung (Foto: Anne Orthen)

Christo (geb. 1935 in Bulgarien, gest. 2020 in New York) und seine gleichaltrige Frau Jeanne-Claude (geb. 1935 in Casablanca, gest. 2009 in New York) realisierten ab den 1960er Jahren gemeinsam spektakuläre Verhüllungsprojekte und Installationen an bekannten Bauwerken und Großprojekte in Landschaftsräumen. In Deutschland ist das wohl bekannteste Projekt 1995 die Verhüllung des „Reichstages“ in Berlin gewesen. Weitere Projekte, die für weltweites Aufsehen sorgten, waren u. a. „Running Fence“ (Kalifornien1976), „Surrounded Islands“ (USA 1983), die Verhüllung der „Pont-Neuf“ (Paris 1985), „The Umbrellas“ (Japan-USA 1991), „The Gates“ (New York, 2005), „The Floating Piers“ (Iseosee, Italien, 2016), zuletzt die Verhüllung des „L ´Arc de Triomphe“ (Paris, 2021). Letzteres wurde bereits 1962 entworfen, seit 2017 geplant und – wie von Christo gewollt – nach seinem Tode 2021 von seinem Team ausgeführt.

Die Ausstellung zeichnet auf beeindruckende Weise die künstlerische Entwicklung des Paares seit Mitte der 1950er Jahre bis heute nach. Es werden an die 70 Werke präsentiert: frühe Gemälde, verhüllte Objekte, großformatigen Zeichnungen, Studien, Entwürfe zu den diversen Projekten, graphische Arbeiten, ergänzt durch zahlreiche Dokumente, wie Fotografien, Briefe, Zeitungsausschnitte.

Es wird das frühe Schaffen in Frankreich aufgezeigt und in Beziehung zu bedeutenden Arbeiten von Weggefährtinnen und Weggefährten wie z. B. Arman, Lucio Fontana, Jean Dubuffet, Yves Klein, Niki de Saint Phalle gesetzt. So wird nicht nur das künstlerische Umfeld in Paris vor allem zu Beginn der 1950/60er Jahre gezeigt, sondern auch ihre spezifische Weiterentwicklung und die Besonderheit ihrer künstlerischen Position.

Das Rheinland spielte hierbei keine unbedeutende Rolle. Früh schon pflegte Christo hier Kontakte zu Galerien und Sammlern, traf Joseph Beuys, Nam June Paik, die ZERO Künstler Günter Uecker, Heinz Mack und Otto Piene. 1961 hatte er seine erste Einzelausstellung in Köln. In Düsseldorf fand dann vor 60 Jahren (1963) in der damals noch jungen Galerie Schmela, eine Galerieausstellung von Christo und Jeanne-Claude statt. Spektakulär die Verhüllung eines VW Käfers, der einem Freund des Fotografen Charles Wilb gehörte. Der seinen fahrbaren Untersatz aber sofort wieder benutzen wollte – er musste also wieder ausgepackt werden. Das verpackte Fahrzeug im Kunstpalast ist eine spätere Replik Christos von 2014.

Es ist beeindruckend zu sehen, mit welche Präzision Christo selbst auf kleinen Studien und Zeichnungen seine spätere Großprojekte lebendig werden lässt. Teils mit Stoffen und Fäden collagiert, versehen mit präzisen Maßangaben, wird jeder Faltenwurf der Gewebebahnen, jeder Verlauf und jede Schnürung der Seile exakt angegeben. Diese Zeichnungen schaffen es, ob im Klein- oder Großformat, die Faszination der Projekte (wieder) heraufzubeschwören. Das schafft er sowohl für die ausgeführten Projekte, wie auch für die nicht Realisierten – z. B. das Projekt zur Verhüllung des Kölner Domes.

Blick in die Ausstellung (Foto: Dr. Astrid Grittern)


Denn die Projekte waren ja nur auf eine bestimmte Zeit angelegt, als ein Teil der Kunst. Niemand sollte sie besitzen oder kaufen, der Moment gehörte allen.

Die Ausstellung lässt deutlich werden, wie langwierig und mühsam die Vorbereitungen gewesen sind: mit welcher Energie, Ausdauer und Beharrlichkeit Christo und Jeanne-Claude ihre Arbeit vorangetrieben habe. Viele der Projekte brauchten Jahrzehnte um realisiert zu werden. Dies wird eindrücklich dokumentiert am Beispiel der Verhüllung des Reichstages in Berlin,1995. Die ersten Studien stammen aus dem Jahr 1972. Was folgte waren über zwei Jahrzehnte Gespräche, Diskussionen, Auseinandersetzungen mit Politikern, Anwohnern, Zulieferern, was aber von den Künstlern selbst auch als ein Teil des Werkes angesehen wurden. Ebenso wie ihre Unabhängigkeit, dass sie alles selbst finanzierten, ohne jegliche Drittmittel, zumeist über den Verkauf der künstlerisch gestalteten Vorstudien.

Am Ende der Ausstellung wird noch die Planung zu dem wohl kühnsten Projekt von Christo und Jeanne-Claude vorgestellt: der „Mastaba“. Bei der Mastaba handelt es sich um eine altägyptische Grabform. Christo und Jeanne-Claude planten seit 1977 eine solche „Mastaba“ für die Wüste von Abu Dhabi, bestehend aus 410.000 farbig bemalten Ölfässern.

Ein maßstabgerechtes Modell steht in der Mitte des Raumes, an den Wänden die Skizzen und Planungszeichnungen. Bei einer Realisierung wäre sie größer geworden als die Cheops-Pyramide, oder als jede andere Vision eines Christo und Jeanne-Claude Denkmals.

Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Januar 2023 im Kunstpalast Düsseldorf, Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf zu sehen.

Danach wird sie in einer modifizierten Form vom 10. März bis zum 3. September 2023 im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf, Schlossinsel 1, 24837 Schleswig gezeigt werden.

 

Eure Astrid  

 

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